Friday, December 09, 2005

Tagebucheintrag vom 11.12.2003 Uhr


Halfmoon Island

Es ist alles so unwirklich, als wäre das alles nur ein Traum der nach dem Aufwachen schnell wieder verblassen würde.
Ich kann doch nicht wirklich hier sein ?
15000 Kilometer von zu Hause entfernt fahre ich in einem Schiff durch eine Welt die es überhaupt nicht geben kann.
Schnee und Eis so weit das Auge reicht, kalte graue, eisbedeckte Inseln, ein bleigraues Meer das sich träge an die Strände wirft und ein ständig grauer Himmel.
Vorhin hatten wir Landgang, ich habe mich hingesetzt und versucht die Landschaft für immer in meinem Gedächtnis zu speichern.
Es ging nicht.
Ja, ich erinnere mich an die kleine Insel, die schmale Bucht, das Schneefeld mit der Kilometerlangen, 10 Meter hohen Abbruchkante.
Trotzdem kommt mir das alles so irreal vor.
Ich meine ich sitze hier in meiner Kabine, alles stinkt nach Pinguinscheiße und draussen vor den Bullaugen zieht langsam ein trostloser Küstenstrich nach dem anderen vorbei.
Doch auf der anderen Seite gibt es Klavierkonzerte, förmliches Abendessen mit lächerlichen Kreationen ( je länger der Name desto winziger die Portionen).
Es war ein Fehler mit einem solchen Dampfer zu fahren..bisher fehlt mir das wirkliche direkte Erlebnis.
Es ist alles wie aus zweiter Hand, oder als wenn ich mir selber in einem Film zusehen würde.
Schon verrückt.

22:49
Meine Güte, grade hat mich die Depression voll erwischt.
Der Mann am Klavier hat auf meinen Wunsch hin „Antarktika“ von Vangelis gespielt.
Mein Gott, wie oft habe ich diesen Titel in den letzten Jahren gehört und meinen antarktischen Traum geträumt.
Er bestand aber nicht darin das ich an Bord eines Kreuzfahrtschiffes einen Mai-Tai schlürfe und dabei auf die felsigen Inseln draussen in der Kälte hinausblicke.
Nein !
Ich sollte dort draussen sein..im tiefen Schnee , am besten in einem Zelt.
Ausserdem habe ich mir grade ein Foto von mir angesehen.
Es zeigt mich vor einem riesigen Tafeleisberg und war eigentlich für mein Patenkind bestimmt.
Nun..es wird dieses Bild nicht zu sehen kriegen.
Dieser blasse Typ mit dem alternden, fetten Gesicht ..das soll ich sein ?


Meine Fresse..ich glaube ich geh besser schlafen..morgen wird ein langer Tag :-/

Der Tag :
Nachts hatte ich schlimme Halsschmerzen, die Entzündung ist inzwischen zum Kehlkopf weitergewandert und kriecht langsam Richtung Lunge weiter.
Die Stimme war heute völlig weg, eine beängstigende Erfahrung ( Das hatte ich noch nie)
Die Lutschtabletten brachten leider keine Linderung, deshalb bin ich heute nochmals zum Doc (Eigentlich ein Professor einer wichtigen Klinik in Hamburg.)
Es scheint ihm jedenfalls Spaß zu machen auch mal wieder völlig normalen Kleinkram zu behandeln.
Er gab mir was zum Einreiben und spezielle Kapseln mit Kräuterextrakten drin, die den Schleim lösen sollten.
Und es scheint zu wirken, ich kann wirklich endlich abhusten !

Am Nachmittag gingen wir vor einer kleinen Insel an Land und ich entschied mich für die frische Luft.
Das ist mir gut bekommen, obwohl der Kampf mit dem Tiefschnee mich ziemlich aus der Puste brachte.
Ich ließ es ruhig angehen und schaute mir die grandiose Landschaft, die Robben, Pinguine und Möwen an und fuhr dann später wieder zurück aufs Schiff.
Meine Kondition ist völlig im Eimer, aber das ist auch zu erwarten gewesen.
Krank, seit fast einer Woche kaum Bewegung.
Aber es war doch schön.

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